Preis2014

Preis für Solidarität und Menschenwürde

des BüSGM 2014

am 22. Juni 2014 in Berlin-

Friedrichshain, verliehen an

Rainer Rupp

und

Wolfgang Schmidt

 

(Laudatio und Dankesworte)

 

 

Vorwort anlässlich der Preisverleihung für

Solidarität und Menschenwürde 2014 - Einspruch Euer Ehren!

Hans Bauer

 

DDR-feindliche Rolle der BRD seit ihrer Gründung und während des Kalten

Das BüSGM verlieh seinen Preis für Solidarität und Menschenwürde in diesem Jahr an von den Herrschenden diffamierte und kriminalisierte Persönlichkeiten, die es sich zur Aufgabe gestellt hatten, für den Schutz des ersten auf deutschem Boden errichteten sozialistischen Staates DDR und für den Erhalt des Friedens in der Welt zu wirken. Wolfgang Schmidt als Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit und Rainer Rupp als Kundschafter, der durch seine Informationen an die DDR und die Sowjetunion bis zum Anschluss der DDR an die BRD einen Atomkrieg zu verhindern half. Im Wissen um die friedensgefährdende und DDR-feindliche Rolle der BRD seit ihrer Gründung und während des Kalten Krieges ist die Rede von Gregor Gysi im Deutschen Bundestag am 23.05.2014 anlässlich der Würdigung des Grundgesetzes unverständlich.

Der Deutsche Bundestag erinnerte in dieser Feierstunde an den 65. Jahrestag des

Grundgesetzes. Wie erwartet, mit Lobeshymnen auf die freiheitlich demokratische Grundordnung.

Dass sogar der Chef derFraktion der LINKS-Partei in diesen Chor einstimmte, musste aber doch verwundern.

Die „Lichtgestalt“ linker Politik.

Mit Stolz im „Westen“ angekommen

Gregor Gysi verkündete in seiner Rede

Weisheiten, die mit der Wirklichkeit nichts

gemein haben.

"Das Grundgesetz ist die beste Verfassung in der Geschichte Deutschlands" (O-Ton Gregor Gysi).

Erfolgte die Erarbeitung und Annahme des GG nicht auf Befehl der Westalliierten?

War nicht das (west)deutsche Volk von der Entstehung völlig ausgeschlossen?

Entbehrt diese "beste Verfassung", die gar keine Verfassung ist, nicht grundlegender sozialer Rechte?

"Und das gilt gerade auch für die ehemaligen Bürger und Bürgerinnen der DDR." (O-Ton Gregor Gysi).

 

Was gilt besonders für die Ostdeutschen? Dass sie dieses GG achten, obwohl sie auch 25 Jahre nach der Angliederung noch Bürger zweiter Klasse sind? Ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse ungleich sind? Sie tagtäglich sozial und politisch diffamiert und diskriminiert werden?

„Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art. 1 GG). Das war die einzig richtige Antwort auf die Nazibarbarei, gerade in und für Deutschland“ (O-Ton Gregor Gysi).

Hatte zum Zeitpunkt der Annahme des GG das westdeutsche Regime nicht bereits mit der Remilitarisierung begonnen? Waren die alten Nazis nicht bereits wieder auf dem Wege zu Ämtern und Würden? Bereitete das Adenauer-Regime nicht die Kommunistenhatz vor, die mit dem KPD-Verbot ihren Höhepunkt erreichte?

Ist es nun Geschichtsvergessenheit, Realitätsverlust oder Opportunismus, die einen linken Politiker zu solchen Einschätzungen veranlassen? Was tut man nicht alles, um den Beifall der Herrschenden zu erheischen.

 

 

Laudatio des Vorsitzenden der GRH, Hans Bauer, für den ISORGeschäftsführer

Wolfgang Schmidt

 

Nach dem Besuch der Oberschule hat er 1957 das Abitur erworben und ist unmittelbar danach in die Dienste des MfS eingetreten, wo er nach einem zweijährigen Offizierslehrgang zuletzt im Rang eines Oberstleutnants bis zu seinem Ausscheiden am 15. Februar 1990 tätig war. Er ist Diplom-Kriminalist, wurde 1964 "Ausbilder (richtig: Auswerter) und Analytiker" und war ab 1985 für die Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit und die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit in unterschiedlichen Bereichen zuständig.

Zuletzt war er in der Hauptabteilung XX als Abteilungsleiter der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) mit 54 Mitarbeitern und fünf Referaten tätig“.

 

Soweit nüchterne Fakten, nicht falsch. Für die Beurteilung eines Menschen aber bedeutsam ist, wieso er einen solchen Weg gewählt hat. Zweifellos spielten bei Wolfgang Parteiauftrag, Kaderauswahl sowie fachliche und politische Eignung eine Rolle. Dahinter standen aber persönliche Entscheidungen, die ihn bewogen, eine solche Entwicklung zu nehmen.

Wolfgang stammt aus einfachen Verhältnissen. Die Bildungspolitik der DDR ermöglichte es ihm, die Erweiterte Oberschule zu besuchen. Schon frühzeitig interessierte und engagierte er sich für politische Vorgänge. Folgerichtig war er als Schüler aktiver Pionier, FDJ-ler und mit 17 in der 12. Klasse bereits Kandidat der SED.

Ein Schlüsselerlebnis auf dem Wege zu einem "politischen Menschen" ist ihm in besonderer Erinnerung geblieben: Das „Abzeichen für gutes Wissen“, das 1949 von der FDJ ins Leben gerufen wurde, hatte es ihm angetan.

Wissensdurstig und ehrgeizig steckte sich Wolfgang das Ziel, dieses Abzeichen in Gold zu erwerben (Insider wissen, dass besonders in den Anfangsjahren hohe Anforderungen an dessen Erwerb gestellt waren). Wochenlang beschäftigte sich Wolfgang während seiner Oberschulzeit mit Marxismus-Leninismus, mit klassischer und moderner Literatur, nationalen und internationalen Problemen der Arbeiterbewegung, mit Klassenkampf und Imperialismus und einem breiten weiteren Fragenkatalog. Heute schätzt er ein, dass in diesen hochkonzentrierten Arbeitswochen sein Verständnis für die Beurteilung politischer Prozesse wesentlich gewachsen ist. Wolfgang legte erfolgreich seine Prüfung ab und war in seinem Heimatkreis Oelsnitz neben dem Ersten Kreissekretär der FDJ der zunächst einzige, der das Abzeichen in Gold erworben hatte. Damit empfahl er sich für weitere Funktionen in der Jugendorganisation, heute würde man sagen, für eine weitere Karriere.

Schon in der 10. Klasse entschied sich Wolfgang bewusst, Offizier zu werden.

Dass die junge Arbeiter- und Bauernmacht auch militärisch geschützt werden musste, war für ihn selbstverständlich. So gelangte er über die NVA-Bewerbung zum MfS.

In unterschiedlichen Funktionen bewies er hier sein analytisches und dialektisches Denken, seine organisatorischen Fähigkeiten und seine Treue zu unserem Staat DDR. So z.B. als er verantwortungsvolle Aufgaben während der X. Weltfestspiele 1973 zur Sicherheit Tausender ausländischer Teilnehmer erfüllte oder als er über Jahre anspruchsvolle Analysearbeit zur Einschätzung politischer und ideologischer Sachverhalte, z. B. zum Wirken oppositioneller Untergrundgruppen ausübte. Realismus, Kreativität und kritisches Herangehen an zu lösende Probleme machten ihn damals zu einem geschätzten, manchmal auch unbequemen Mitarbeiter und zeichnen ihn bis heute aus.

Mit dem Ende der DDR und ihrer würdelosen Angliederung an die BRD zerbrach für Wolfgang - wie für viele von uns - zunächst der "Lebenstraum" einer sozialistischen Gesellschaft. Die Fragen, was waren die Ursachen des Scheiterns, was haben wir falsch gemacht, wo habe ich versagt, waren für Wolfgang Anlass, nicht zu trauern und zu klagen, sondern, wie es seiner Persönlichkeit und seinen Erfahrungen in schwierigen Situationen entsprach, gründlich nachzudenken, zu analysieren, einfach nach vorn zu denken. Und - sich zu organisieren.

So war er 1992 Mitbegründer des "Insiderkomitees zur Förderung der kritischen Aneignung der Geschichte des MfS". Gemeinsam mit ehemaligen Genossen leistete er hier eine offensive, kritische und schöpferische Arbeit, die keine Tabus kannte, vor unangenehmen Wahrheiten nicht zurück schreckte und oft auch schmerzhaft war. Besonders anerkannt war und ist seine Internetarbeit. Als Domaininhaber und administrativer Ansprechpartner behandelte er auf der Seite "mfs-insider.de" Themen, die Freund und Feind auf den Plan riefen. "Zeit online" berichtete 2006 von 62 000 Besuchern in vier Wochen. Von 2008 bis heute sind es ca. 1,1 Millionen. Kein Wunder, dass Wolfgang schon bald ins Fadenkreuz unserer Gegner geriet und im Ergebnis inzwischen mehrmals vor Gericht stand.

Warum? Weil er Wahrheiten aussprach und ins Netz gesetzt hatte, die unbequem sind, vor allem dem herrschenden Zeitgeist widersprechen. Wie zum Beispiel, weil er Geschichtsfälschern in Hohenschönhausen und anderswo die Stirn bietet. Weil er die Heuchelei der BRD in Sachen Terrorismusbekämpfung anprangert.

Wie im Falle Burianek, der in der DDR 1952 wegen versuchter Bombenlegung und anderer schwerer Verbrechen zum Tode verurteilt worden war und als Widerstandskämpfer 2005 von der BRD-Justiz rehabilitiert wurde. Dass in diesem Zusammenhang der DDR juristisch eine "Gewalt- und Willkürherrschaft" unterstellt wurde, gehört in diesem Staat zu dem manipulierten Geschichtsbild, an dem die Justiz wesentlichen Anteil hat. Für Wolfgang Schmidt war und ist es selbstverständlich, sich gegen solche Lügen und solches Unrecht zur Wehr zu setzen. Über drei Instanzen wurde im zuletzt genannten Verfahren bereits gegen ihn und die DDR geurteilt und er verurteilt.

Dabei erfuhr Wolfgang nicht nur den Beistand seiner Familie, sondern auch große solidarische Unterstützung vieler Freunde, wie umfangreiche Spenden zur Ausschöpfung des Rechtsweges beweisen (das Strafverfahren wegen "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" (gemeint ist Burianek) liegt gegenwärtig dem Bundesverfassungsgericht vor).

Diskriminierungen, Verfolgungen, Verurteilungen sind für Wolfgang kein Grund, Ruhe zu geben oder sich gar zurückzuziehen. Wenn die Ermittlungsbehörden einschätzen, dass Verurteilungen bei ihm "keinen Gesinnungswandel" herbeigeführt haben, kann man ihnen ausnahmsweise nur zustimmen. Wolfgang ist sich und seiner Gesinnung treu und deshalb Überzeugungstäter und Unruhestifter geblieben - kritisch, aktiv und offensiv.

Bei ISOR im Kampf für Rentengerechtigkeit und gegen die Strafrente, in der GRH gegen politisches Unrecht, im Internet für die Insider und überall dort, wo Widerstand zu leisten und sein Rat gefragt ist.

"Die revolutionäre Tat ist stets, auszusprechen das, was ist", so Rosa Luxemburg. Ja, Wolfgang Schmidt ist "revolutionärer Täter". Ungeachtet persönlicher Nachteile. Dass das BüSGM ihn heute ehrt, ist ein Zeichen der Anerkennung und der solidarischen Verbundenheit mit einem mutigen und rastlosen Streiter für Wahrheit und Gerechtigkeit.

 

 

 

Preisverleihung durch den Vorsitzenden

Lothar Nätebusch

Lothar Nätebusch verlieh mit passenden Worten, zitiert aus dem Buch „Lob des Kommunismus“, den Preis für Solidarität und Menschenwürde 2015 an Wolfgang Schmidt, der gleichzeitig die Ehrenmitgliedschaft des BüSGM annahm.

 

 

Dankesrede des Preisträgers Wolfgang

Schmidt

Liebe Freunde und Genossen vom Bündnis für soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde,

lieber Hans,

herzlichen Dank für die hohe Ehrung, die mir heute und hier zuteil wurde und für die guten Worte der Begründung.

Liebe Freunde und Genossen, verehrte Anwesende,

wer, wie ich auf den 75. Geburtstag zugeht, hat im Allgemeinen gelernt, seine Lebensleistung und das, was er noch vom Leben zu erwarten hat, realistisch zu beurteilen. Ich komme deshalb nicht in die Versuchung, mich mit den bisherigen Preisträgern auf eine Stufe zu stellen. Das gilt ganz besonders auch für den heutigen Preisträger Rainer Rupp.

Allerdings gibt es wohl keinen Preis dieser Welt, der das, was Rainer riskiert und was er auf sich genommen hat, um die Menschheit vor einem atomaren Inferno zu bewahren, auch nur angemessen würdigen könnte.

Ich sehe meine heutige Auszeichnung stellvertretend für viele Andere, die nach 1990 ihrer Überzeugung treu geblieben sind und diese gegen eine wahre Flut von Lügen und Verleumdungen öffentlich verteidigt haben, mit Buchveröffentlichungen, Zeitungsartikeln, Leserbriefen, Interviews, Briefen an Politiker, in persönlichen Gesprächen, auf Veranstaltungen und – leider noch viel zu wenig – auch im Internet. Stellvertretend für viele, die aktiv an der Organisierung und inhaltlichen Orientierung von Solidargemeinschaften mitgewirkt und hier Verantwortung übernommen haben.

Vor allem aber ist die heutige Preisverleihung an mich der Höhepunkt einer bewegenden Solidaritätsaktion. Mehr als 20.000,- Euro wurden gesammelt, um die Verfahrenskosten im Zusammenhang mit meiner Verurteilung wegen angeblicher Verunglimpfung Verstorbener auszugleichen und eine Verfassungsbeschwerde in dieser Sache zu ermöglichen – weit mehr als benötigt und wichtiger Grundstock eines Solidaritätsfonds für ähnliche Fälle. Dabei geht es aber nicht nur, nicht einmal in erster Linie, um Geld, auch wenn die meisten der Spender sozial diskriminiert sind und ihnen auch kleine Beträge schwer fallen. Eine solche Solidaritätsaktion vermittelt das gute Gefühl, nicht allein zu stehen, mit seinem Anliegen verstanden und moralisch unterstützt zu werden. Allen, die an meiner Seite standen und stehen, übermittle ich auch von diesem Podium aus meinen tief empfundenen Dank!

Wer, wie ich die Winkelzüge spitzfindiger Rechtsanwälte, die Arroganz von Richtern und Staatsanwälten, den blinden Hass fanatischer Antikommunisten, die Häme der gleichgeschalteten Medien und die Allgegenwart dümmlicher Vorurteile und Klischees erlebt hat, stellt sich mitunter die Frage: Lohnt es sich, dagegen anzukämpfen, oder ist alles nur ein Kampf gegen Windmühlenflügel? Ich habe diese Frage für mich beantwortet. Es ist richtig und notwendig auch aus einer scheinbar aussichtslosen Position heraus die historische Wahrheit zu verteidigen, schon aus Gründen der Selbstachtung, aber auch um künftigen Generationen zu ermöglichen, aus unseren Erfahrungen – im Guten, wie im Schlechten – zu lernen, wenn erneut die Errichtung einer bessere, sozial gerechten, friedlichen, antifaschistischen und humanen Gesellschaftsordnung auf der Tagesordnung stehen wird.

Mit der Verteufelung der DDR versuchen die heute Herrschenden Barrieren zu errichten, gegen alle Ideen, die Alternativen zur nach 1990 völlig enthemmten Ausbeuter- und Profitgesellschaft anbieten könnten. Zugleich ist der Umgang mit ehemals Verantwortlichen der DDR zu einem Exerzierfeld geworden, um schleichend und scheinbar legitim Grundrechte, Grundfreiheiten und rechtsstaatliche Prinzipien auszuhöhlen und so auch auf diese Weise emanzipatorische Bestrebungen in ihren Möglichkeiten einzuschränken.

Der Kampf gegen Rechtswillkür - von Strafrenten bis zur Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit -, politische Aufklärung gegen Massenverblödung und verlogene Berichterstattung der Medien, solidarischer Beistand gegen alle Formen der Ausgrenzung und Diskriminierung und nicht zuletzt die Verteidigung der Persönlichkeitsrechte gegen die Ausspähung und Manipulierung durch die heutigen Geheimdienste: das sind die aktuellen Aufgaben, um den Weg freizuhalten für künftige gesellschaftliche Veränderungen.

Große Probleme bereitet der heute in der Ukraine und bei den Europawahlen erkennbare Vormarsch faschistischer Kräfte und Tendenzen. Für ihre Zurückweisung sind unser Wissen und unsere Erfahrungen von unschätzbarem Gewicht.

Das gilt ganz besonders für die Zurückweisung der gebetsmühlenartig wiederholten Versuche der Gleichsetzung der DDR mit dem faschistischen Regime.

Ein mich anklagender Staatsanwalt verstieg sich zu der Feststellung, dass man ja wisse, wie beim Volksgerichtshof und beim Obersten Gericht der DDR Geständnisse zustande gekommen seien. Ich kenne aus meiner Tätigkeit im MfS, die auch die Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen einschloss, Akten des Volksgerichtshofes. Die Verharmlosung dieser menschenverachtenden Instanz durch ihre Gleichsetzung mit dem Obersten Gericht der DDR ist einfach ungeheuerlich!

Zu unserem Wissen und Erfahrungen aus dem mutigen Versuch, mit der DDR ein neues Deutschland zu bauen, gehört auch die Erkenntnis, dass die ehemals herrschende Klasse vor keiner Gemeinheit, vor keinem Verbrechen zurückschreckt, um jede antikapitalistische Entwicklung möglichst im Keime zu ersticken.

Diese geschichtliche Wahrheit wird heute geleugnet. In der Dauerausstellung der „Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen“ werden z.B. von der sog. Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit ausgelegte Reifentöter gezeigt mit der Beschreibung, dass es sich um „Plattmacher“ gehandelt habe, mit denen die „kommunistischen Agitationskolonnen“ zu den Weltfestspielen 1951 in Berlin gestoppt werden sollten.

Dass sieben junge Menschen bei einem derartigen Terroranschlag ums Leben kamen, erfährt man in Hohenschönhausen nicht.

Erklärte Feinde der DDR, wie z.B. Roland Jahn erst kürzlich in einem ND-Interview,

bieten ehemaligen MfS-Angehörigen Versöhnung an unter der Voraussetzung, dass sie sich zu „Unrecht“ bekennen und ihrer Gesinnung abschwören.

Warum aber soll ich mich mit einem gesellschaftlichen System aussöhnen, dass bereits von seinen Wurzeln her, dem Streben nach Maximalprofit, zutiefst kriminell ist, dass selbst nach den Worten des Papstes zur „Barbarei“ führt, den Krieg braucht und das Geld und nicht den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Dieses System ist nicht mein System. Ich werde auch weiter mit meinen bescheidenen Möglichkeiten für eine bessere Welt streiten. Meine heutige hohe Auszeichnung wird mich dabei zusätzlich motivieren.

 

 

Laudatio des Chefredakteurs der Tageszeitung „junge Welt“

Dr. Arnold Schölzel für Rainer Rupp

 

Lieber Rainer, liebe Ann, lieber Wolfgang,

liebe Freunde und Genossen,

Zunächst herzlichen Glückwunsch an euch, Rainer und Wolfgang, für die Auszeichnung mit dem Preis für Solidarität und Menschenwürde.

Für mich ist es eine große Ehre, die Laudatio auf Rainer halten zu dürfen. Es ist vor allem eine der seltenen Gelegenheiten, Dir für die unermüdliche Arbeit zu danken, die Du für die junge Welt leistest.

Um das zu illustrieren: Vor einiger Zeit wurde ich gefragt, ob Rainer Rupp eigentlich in den USA lebt. Er habe ein derart feines Gespür für das, was sich in der amerikanischen Innen- und Außenpolitik anbahnt, dass er über besondere Quellen verfügen müsse.

Der Frager ist geborener New Yorker, lebt dort, ist politisch engagiert und seine Frage insofern ein Statement über das, was Rainer für die junge Welt leistet. Das gilt genauso für die anderen Themen, deren du Dich für uns annimmst: Weltwirtschaft, Finanz- und Wirtschaftskrise, zu deren vermutlichem Verlauf du 2008 eine Prognose abgegeben hast, die sich Stück für Stück bewahrheitet hat und von Woche zu Woche bewahrheitet. Imperialistische Kriege – vom Eingreifen der NATO 1995 in Bosnien angefangen bis zu den Aggressionen gegen Libyen und Syrien und zur jetzigen Situation im Irak – du hast die gesamte Kette der Angriffskriege von NATO und EU für uns immer wieder analysiert, das, worüber die Bürgermedien schweigen, aufgedeckt und Strategien des Imperialismus bis in feine Verästelungen hinein ans Licht gebracht.

Die ersten Artikel Rainers erschienen 1997 in der jungen Welt, als er noch  in Saarbrücken inhaftiert war. Es war Werner Pirker, unser Anfang des Jahres verstorbener Genosse, damals Leiter unseres Ressorts Außenpolitik, der ihn, als sich die Möglichkeit ergab, sofort als Autoren gewann.

Rainers erste Texte befassten sich unter anderem mit der damals beschlossenen NATO-Osterweiterung, mit dem Konzept einer „globalen NATO“, die Einsätze „out of area“ mit Teilen des Kriegspaktes unter jeweiliger Führung der USA vorsah. Ich zitiere aus seinem Jahresrückblick, der am Silvestertag 1997 erschien: „Unbehindert von kritischen Fragen sind hierzulande die Vorbereitungen für die globale NATO längst angelaufen. Und Verteidigungsminister Rühe versprach unlängst seinen Soldaten, dass sie beim nächsten Golfkrieg dabei sein würden.

Ganz soweit ist die SPD noch nicht, aber sie ist auf dem Weg dahin. Auf ihrem Parteitag in Hannover unterstrich Verheugen, dass in der sozialdemokratischen Sicherheitspolitik nicht mehr friedenspolitische Ziele, sondern der Beitrag zur Gestaltung der Weltwirtschaft im Vordergrund stehen.“

Wir kennen heute die Kette von imperialistischen Kriegen, an denen sich die Bundesrepublik direkt oder indirekt seither beteiligte, wissen, dass die Entwicklung mit neuen Widersprüchen im imperialistischen Lager verbunden war. Ein aktuelles Resümee zog Rainer am 15. Mai dieses Jahres unter der Schlagzeile „Ziel Moskau“ in der jungen Welt. In Stichpunkten: Die USA marginalisieren die Rolle Deutschlands und der EU in der Ukraine, die Bundesrepublik kann mit der „antirussischen Eskalationspolitik der Amerikaner“ nicht mithalten, „denn Washington sucht mit Russland eine Konfrontation knapp unterhalb der Kriegsschwelle“, dafür aber ist der innenpolitische Widerstand in der „alten“ EU zu groß.

Die Leser solcher Artikel, wo auch immer sie sitzen mögen - vermutlich auch in einigen Amtsstuben und Stäben - wissen: Es gibt keinen vergleichbaren Analytiker und marxistischen Experten deutscher Sprache auf diesem Gebiet. Und – ich wiederhole – ich möchte mich für die junge Welt bedanken, dass Rainer uns seine enormen Fähigkeiten zur Verfügung stellt. Und wir sind natürlich froh, dass andere darauf verzichten.

Das hat seine Gründe. Die Überschrift von Rainers erwähntem Artikel „Ziel Moskau“ deutet einen an. Er bestimmt aus meiner Sicht seine politische Biographie: Das Verhältnis der Bundesrepublik und des Westens insgesamt zu Russland als Frage von Krieg und Frieden in Europa und der Welt. Aus der Katastrophe, die deutscher Faschismus und Weltkrieg 1945 hinterlassen hatten, ging die Bundesrepublik mit der Devise hervor, Revanche für die Niederlage von 1945 zu nehmen und die Revision der Ergebnisse dieser Niederlage des deutschen Imperialismus zu erreichen. Das schloss ein, das alte Personal überall im Staat zu beschäftigen und an dessen Spitze zu stellen. Es gilt Talleyrands Wort über die Bourbonenkönige: Sie haben nichts gelernt und nichts vergessen.

Rainer, der 1945 im Saarland geboren wurde und im rheinland-pfälzischen Saarburg aufwuchs, hat in vielen Fernsehinterviews wiederholt, was ihn früh geprägt hat und auch seine Motivation für seine Tätigkeit als Aufklärer war : „Das Wiedererstarken der Faschisten“.

Die Journalisten, die mit Rainer sprachen, gehen über diesen Punkt stets schnell hinweg. Über den Staat der Globkes, Kiesingers, Lübkes, der Nazi-Richter, Wehrmachtsgeneräle und ihrer Ideologen, über die nahtlose Fortsetzung des Antikommunismus, der zur Machtübergabe an die Faschisten und zum Zweiten Weltkrieg geführt hatte, soll nicht viel gesprochen werden.

Deswegen ist ja die Überraschung so groß, wenn heute Historiker an ausgewählte Akten gelassen werden und feststellen: Es gab Nazis. Sogar in bundesdeutschen Ministerien und Geheimdiensten.

Noch weniger als darüber und über den Kalten Krieg gegen die DDR und die sozialistischen Länder – und Kalter Krieg ist ein verharmlosender Terminus angesichts dessen, was an Überwachungs-, Repressions- und Vernichtungsmaschi-nerie im Westen seit der „Operation Unthinkable“, Churchills Planungen für einen Krieg gegen die Sowjetunion noch im Sommer 1945, in Gang gesetzt wurde - wird davon gesprochen, dass dieser Staat sich mit Notstandsgesetzen wappnete zu einer Zeit, da die USA in Vietnam gerade einen Völkermord im Namen von freedom and democray verübten. Es wird nicht darüber gesprochen, dass die Bundesrepublik dieser Zeit der deutsche Staat war, der aufs engste mit Faschisten wie Franco oder Salazar verbunden war ebenso wie mit den Apartheid-Rassisten Südafrikas. Wer das selbst erlebt hat, kann sich an die kalte Wut erinnern, die unter den Jüngeren in der Bundesrepublik angesichts all dessen aufkam, denn sie, die Jüngeren, waren als Kanonenfutter für den nächsten Gang gegen den angeblichen Feind im Osten vorgesehen.

Vom Nachdenken zu der Einsicht, dass es eines anderen Staates, einer anderen Macht bedurfte, um das zu stoppen, bedurfte es eines praktischen Schrittes, bedurfte es einer Einheit von Denken und Handeln. Rainer ist diesen Schritt gegangen, als er 1967 in Mainz als Student nach einer Demonstration gegen die Notstandsgesetze von einem Mitarbeiter der Hauptverwaltung Aufklärung angesprochen wurde, als er wenig später selbst für sie tätig wurde – mit allen Konsequenzen, mit tiefer politischer und weltanschaulicher Überzeugung und mit jener Klarheit, Ruhe und Souveränität, die ihn heute wie damals auszeichnen. Er schloss 1973 das Studium der Volkswirtschaft an der Universität Bonn mit einem Prädikatsexamen ab, nachdem er, der Sprachbegabte, der früh fließend Französisch und Englisch beherrschte, auch an der Freien Universität Brüssel Hörer gewesen war. In der belgischen Hauptstadt führte ihn sein beruflicher Weg rasch weiter: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität, Assistent des Geschäftsführers der ersten EU-Lobbying-Gesellschaft im Auftrag einiger bedeutender internationaler Konzerne, 1976 Abteilungsleiter in einer Brüsseler Bank, die auf britische Industriebeteiligungen auf dem Kontinent spezialisiert war und seit dem 5. Januar 1977 Mitarbeiter in der „Political Division“ des NATO-Hauptquartiers, genauer: Sachbearbeiter für bestimmte NATO-Länder beim Wirtschaftsdirektor dieser Abteilung, der einflussreichsten der insgesamt fünf Hauptabteilungen des Hauptquartiers. Er war damit Mitarbeiter des vom NATO-Generalsekretär geleiteten zivilen internationalen Stabs und erhielt – wen wundert's – auf Grund seiner Leistungen bald Zugang zu Verschlusssachen mit dem höchsten Geheimhaltungsgrad, Dokumente der Nuklearen Planungsgruppe eingeschlossen. Er publizierte in internationalen Fachzeitschriften, trat mit Vorträgen auf Konferenzen in verschiedenen Ländern auf und hielt Vorlesungen an Universitäten in Europa, Nordamerika und Asien.

Es dauerte nur wenige Jahre, bis er auf die Empfängerliste für die Dokumente der gesamten aktuellen Arbeiten der NATO gesetzt wurde, so dass alle in Dutzenden von Ausschüssen erarbeiteten Papiere über seinen Tisch und damit nach Berlin gingen. Er war die einzige Quelle der HVA, die solche Dokumente lieferte – die bundesdeutsche Justiz hielt später fest, er habe einen lückenlosen Gesamtüberblick über das Bündnis geliefert. Rainer wurde Mitglied der geheimen Nachrichtengruppe der NATO und hatte regelmäßig Dienst im Lagezentrum des Paktes. Er nahm an den strategischen NATO-Übungen teil, einschließlich jenen, bei denen unter realistischen Bedingungen alle zwei Jahre der Ersteinsatz von taktischen Atomwaffen gegen Ziele in Osteuropa geprobt wurde – worauf das Oberlandesgericht Düsseldorf im Urteil vom November 1994 wohlweislich nicht einging. Das Gericht wertete es dagegen als besonders erschwerend, dass Rainer das geheimste aller geheimen NATO-Dokumente an die HVA übermittelt hatte: Dieses MC-161- Papier habe, so urteilte der Bundeswehrgutachter im Prozess, „das gesamte Wissen der NATO über das militärische Potential des Warschauer Paktes“ enthalten. Dass es auch die Feststellung enthielt, Moskau plane keine militärische Aggression, nahm das Oberlandesgericht natürlich auch nicht in sein Urteil auf. Ich vermute einfach mal, ohne Spezialist auf diesem Gebiet zu sein, dass es in der Geschichte der Aufklärung keine andere Komplettlieferung eines Dokuments dieses Umfangs und dieses Gewichts gegeben hat. Rainer wurde eingeladen, in der SDI-Arbeitsgruppe der NATO mitzuwirken, d. h. beim Lieblingsspielzeug Ronald Reagans. Er konnte so den Warschauer Vertrag informieren, dass es sich bei dem Vorhaben um Propaganda handelte, weil die technischen und andere Probleme der Sternenkriegsphantasie des USPräsidenten in absehbarer Zeit nicht zu bewältigen waren.

Am wichtigsten aber: Der Leiter der CIA-Abteilung für die Sowjetunion und Osteuropa, Milton Bearden, und andere Experten in Ost und West, einschließlich Waldimir Krjutschkow, damals Chef der Hauptverwaltung Aufklärung des KGB und später dessen Leiter, haben Rainer bescheinigt, dass er wahrscheinlich die Welt vor einem Dritten Weltkrieg mit Atomwaffen bewahrt hat. Rainer schrieb dazu 2007 in der jungen Welt: „Von den fast 30 Ost-West-Krisen im Kalten Krieg wird gemeinhin die Kuba-Krise als die gefährlichste Konfrontation zwischen den Blöcken gesehen. Das ist leicht verständlich, da die Krise in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde und die gesamte Menschheit mit bangte. Die »Ryan«- bzw. »Able Archer«-Krise blieb jedoch nicht nur vor der Öffentlichkeit vollkommen verborgen, auch die meisten Politiker und Militärs erfuhren nichts davon. Dennoch, bei keiner anderen Ost-West-Krise »hat die Welt so nahe vor einem Atomkrieg gestanden, wie bei dem »Able Archer -Vorfall«“ - zitiert Rainer einen US-Historiker.

Vor allem von Rainer kamen im Herbst 1983 laufend die Informationen, dass – anders als in Moskau akut befürchtet wurde – die NATO keinen Angriff mit den neu stationierten Cruise Missiles aus der Übung „Able Archer“ heraus plante.

 

Was für ein Mensch jemand ist, zeigt sich in Zeiten der Not, der Bedrängnis. Eine solche Zeit begann für Rainer und für Ann, die 1972 geheiratet hatten, und für ihre drei Kinder mit dem Untergang der DDR und später der Sowjetunion. Verrat und die unter dem Namen „Rosenholz“ an die CIA gelangten HVAKarteien brachten die Verfolger auf seine Spur. Helmut Kohl machte den Fall „Topas“ zur Chefsache und fragte in Moskau nach. Am 28. Juli 1993 wurden Ann und Rainer in seinem Heimatort verhaftet, als sie mit den Kindern zu Besuch bei Rainers Mutter waren. Zum Glück kam Ann nach drei Monaten wieder frei und wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die Sorge um die Familie war das Bedrückendste, so hat Rainer es geschildert, in der Haftzeit.

Das Urteil über ihn entsprang politischer Rache, es war rechtsförmig, nicht rechtsstaatlich – zu einer Zeit, da die Agenten des Westens in den sozialistischen Ländern, also die Kollaborateure mit den Folterern und Mördern nicht nur der CIA, Auszeichnungen erhielten. Die Strafe lautete auf 12 Jahre, sieben musste er in verschiedenen Vollzugsanstalten verbringen, darunter in der von Saarbrücken, geleitet von einem Direktor mit SPD-Parteibuch, der ihn durch Isolationshaft und Demütigungen brechen wollte. Rainer begann, aus der Zelle heraus juristischen Widerstand zu leisten, bis ein Gericht feststellte, dass die Behandlung dieses Strafgefangenen in Saarbrücken „rechtswidrig“ war. Der Direktor persönlich veranlasste nach der damit verbundenen Aufhebung des Arbeitsverbots, dass Rainer nur für einfachste Tätigkeiten eingesetzt wurde. Es bedurfte erneuter Klagen, bis er fünf Jahre nach seiner Verhaftung in den offenen Vollzug kam und erstmals eine Stunde in Freiheit mit der Familie verbringen durfte.

Sein Fall war zu diesem Zeitpunkt durch seine Tätigkeit für Neues Deutschland und junge Welt weithin bekannt, ungezählte Genossen und Bürger hatten mit ihm brieflich Kontakt aufgenommen, Rosemarie Schuder und Rudolf Hirsch hatten ihn besucht, sich energisch für ihn eingesetzt, woraus eine enge Freundschaft erwuchs. Die bürgerliche Presse begleitete das mit Häme, die Forderung Martin Walsers 1998 bei Entgegennahme des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche, Rainer freizulassen, verhallte fast ungehört und wurde auch nicht wiederholt.

Als die PDS-Fraktion im Bundestag Rainer zum Jahresbeginn 1999 eine Arbeit als sicherheitspolitischer Berater anbot, spuckten die Medien Gift und Galle.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kündigte an, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen und Rainer Rupp höchstpersönlich rauszuwerfen, sollte er den Bundestag betreten. Das beeindruckte ein Viertel der PDS-Fraktion schwer, man distanzierte sich in einer Erklärung von dem Beschluss, Rainer einzustellen, es war nur eine Frage der Zeit, bis die Hälfte der Fraktion in der Sorge, endlich anzukommen – wie es im damaligen Jargon hieß –, die gleiche Meinung vertrat.

Rainer verzichtete und fand eine Tätigkeit als Lektor des Karl Dietz Verlages in einem Saarbrückener Büro, bis er am 27. Juli 2000 aus der Haft entlassen wurde.

 

Viel wäre hier zu erzählen, über die neuen Freundschaften seither, über die wunderbaren Gastgeber Ann und Rainer, der zu allem übrigen auch noch ein hochbegabter Koch ist, und, was ich jetzt weglasse.

Rainer hatte, wie gesagt, zum Zeitpunkt seiner Entlassung bereits begonnen, für die junge Welt und für Neues Deutschland zu schreiben. Er hat zu seiner journalistischen Arbeit, zu den Büchern, an denen er mitwirkte, geschrieben, dass er in ihr „in gewissem Sinn eine Fortsetzung meiner früheren Arbeit als Aufklärer“ sieht – „heute nur mit anderen Mitteln“.

Du hast in diesem Sinn in den 90er Jahren darauf aufmerksam gemacht, welche Bedeutung die von der Bundesrepublik geschürten Kriege in Jugoslawien für die NATO hatten, die nach dem Untergang der UdSSR ihre Existenzberechtigung nachweisen musste – als Organisation, die militärisch für Ruhe und Ordnung in Ost- und Südosteuropa sorgte. Im vergangenen Jahrzehnt und bis heute dehnte

sie ihr Kriegsgebiet auf andere Kontinente aus – mit den Folgen, die in Afghanistan, im Irak, in Syrien, in der Ukraine und auf dem afrikanischen Kontinent zu sehen sind. Du hast darauf aufmerksam gemacht, dass dies seinerzeit der Hintergrund für das Aufkommen einer antiserbischen Hetze in den Medien wie zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war wie jetzt die antirussische Kampagne auf allen Kanälen des deutschen Staatsfernsehens und der Konzernmedien und du hast hartnäckig darauf hingewiesen, dass alles dem „Ziel Moskau“ untergeordnet ist. Die Gefahr, die von dem Kriegspakt ausgeht, die Gefahr für Frieden und das Überleben der Völker, ist unverändert. Diese Gesellschaftsordnung kann nicht anders existieren.

Ich möchte mit einem Zitat von Dir schließen: „In der Aufgabe mitzuhelfen, einen Krieg zu verhindern, habe ich meine oberste moralische Pflicht gesehen.“ Für das, was Du dafür getan hast und tust, gebührt Dir größter Dank.

 

 

Preisverleihung an Rainer Rupp durch den Vorsitzenden des

BüSGM Lothar Nätebusch

Lothar Nätebusch, Vorsitzender des BüSGM, würdigte die Verdienste des Preisträgers für Solidarität und Menschenwürde 2014 Rainer Rupp, übergab ihm die Karl-Marx-Büste und di dazugehörigen Ehrenurkunden. Auch Rainer Rupp nahm die Ehrenmitgliedschaft des BüSGM an.

 

 

Dankesrede des Preisträgers

Rainer Rupp

Liebe Festtagsgäste, liebe Freunde, Genossinnen und Genossen,

All das, was Dr. Arnold Schölzel in seiner Laudatio so besonders hervorgehoben und gepriesen hat, wäre über all die Jahre ohne meine tapfere Ehefrau, Freundin und Genossin Ann überhaupt nicht möglich gewesen. Ihr gilt mein ganz besonderer Dank, aber auch unseren Kindern, Thomas, Richard und Alexandra, die immer zu uns gestanden haben und heute auch hier anwesend sind.

Dank gilt nicht zuletzt auch meiner Mutter, die nach unserer Verhaftung sich um unsere Kinder kümmerte und uns gegen alle Anfeindungen verteidigte wie eine Löwin ihre Jungen.

Auch dem BüSGM danke ich für die mir heute erwiesene Ehrung ganz herzlich. Umso mehr, weil diese Entscheidung ganz sicher auch eine gehörige Portion Mut erfordert hat, ausgerechnet dem „Mann, der die NATO verriet“ – so der Titel eines ARD-Films - den Preis für Solidarität und Menschenwürde zu verleihen.

Allerdings war hier eine andere Art von Mut gefordert, schon gar nicht der Mut eines Tilo Sarrazin, der für seine rassistischen Tiraden sogar das Lob des bundesdeutschen „Militärseelsorgers“ Gauck geerntet hatte. Denn in meiner Person lebt die Zeit des Kalten Krieges fort und damit auch eine der gefährlichsten Krisen jener Zeit, an die die Herrschaften nicht gerne erinnert werden. Fort lebt auch das Lügenkonstrukt der NATO von der sowjetischen Bedrohung, die gerade in eine russische Bedrohung umgemünzt wird. Ebenso bin ich Zeitzeuge der scheinheiligen moralischen Überhöhung der eigenen, so genannten „Westlichen Wertegemeinschaft“, mit der die NATO-Länder unter Führung der USA immer gigantischere Rüstungsausgaben gerechtfertigt hatten.

Am Ende hatten beide Blöcke so viele Waffen, dass sie damit die ganze Welt gleich mehrfach vernichten konnten. Diese Waffen existieren auch heute noch, nur moderner. Zwar kann die Welt heute nicht mehr 35 Mal zerstört werden wie Anfang der 1980er Jahre, aber für eine mehrfache Zerstörung unseres Blauen Planeten reicht es allemal. Und auch an Kriegen mangelt es heute nicht, rund um den Globus. In fast allen ist die imperialistische Hauptmacht USA entweder in offenen oder in verdeckten Interventionen verwickelt. Und die imperialistischen Mittelmächte wie Großbritannien und Frankreich - und mit Abstrichen Deutschland – wollen bei der Aufteilung der Beute nicht abseits stehen. Sie drängen sich geradezu, mit der Waffe in der Hand „mehr Verantwortung“ in der Welt zu übernehmen, natürlich für Humanität und Menschenrechte, besonders in den Regionen, wo man den Zugang zu Rohstoffen und Märkten und deren Transportwege für die eigene Wirtschaft sichern, d.h. verteidigen kann.

Woran liegt es dann, dass in den letzten 25 Jahren, trotz der vielen Kriege die Millionen von Menschenleben gekostet haben, in Deutschland die Massen kaum mehr für den Frieden auf die Strasse gehen? Nicht einmal beim NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien war das der Fall! Wo sind die 300.000 Demonstranten

vom Hofgarten in Bonn geblieben, die sich im Jahr 1983 gegen die

nukleare Modernisierung der NATO und deren Ersteinsatzdoktrin von Atomwaffen

eingesetzt hatten?

Ja, sie ahnen richtig. Es stimmt, dass viele der damaligen Demonstranten Anhänger der Partei die Grünen waren. Und es stimmt, dass die meisten ihrer AnführerInnen 1999 zu begeisterten Propagandisten des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien geworden sind, angeblich um ein „neues Auschwitz“ zu verhindern.

Es waren die SPD und die Grünen, die in der deutschen Nachkriegsgeschichte den Angriffskrieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln wieder politisch gesellschaftsfähig gemacht haben. Das ist ein „Verdienst“, mit dem sich Ex-Kanzler Gerhard Schröder noch heute brüstet, obwohl die Kriegsgründe gegen Jugoslawien alle erstunken und erlogen waren, ebenso wie später, als es gegen Irak ging, oder Libyen oder Syrien. Nicht anders geht es bei den aktuellen Versuchen zu, die Öffentlichkeit für eine Konfrontation mit Russland vorzubereiten. Der Unterschied von damals zu heute ist, warum damals Hundert Tausende auf die Straße gingen und heute sich kaum jemand für die von Deutschland mit entfachten oder zumindest unterstützten Kriegen ist, dass 1983 die Gefahr, die von einem US/NATO-Krieg gegen die Sowjetunion ausging, von den allermeisten Menschen in unserem Land quasi physisch gespürt wurde. Ein Krieg in Europa zwischen den beiden Blöcken hätte nicht nur Zig Millionen individueller Leben zerstört, sondern die Existenzgrundlage ganzer Völker. Viele sahen darin nicht nur die Bedrohung ihrer eigenen Auslöschung und der ihrer Familien, sondern der ganzen Spezies. Dies war eine sehr starke Motivation und um diesen Wahnsinn zu verhindern, gingen sie damals fest entschlossen auf die Straße und blockierten auch Zufahrten zu NATO-Atomstützpunkten.

Trotz der vielen Kriege in der Welt geht es heute in unserem Land ganz anders zu, bei genauerem Hinsehen sogar wie eh und je, d.h. so wie Goethe das schon im Faust 1. im Abschnitt „Vor dem Tor“ trefflich beschrieben hatte:

Andrer Bürger.

Nichts Besseres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen,

Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,

Wenn hinten, weit, in der Türkei,

Die Völker aufeinander schlagen.

Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus

Und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten;

Dann kehrt man abends froh nach Haus,

Und segnet Fried’ und Friedenszeiten.

Dritter Bürger.

Herr Nachbar, ja! So lass ich’s auch geschehn:

Sie mögen sich die Köpfe spalten,

Mag alles durcheinander gehn;

Doch nur zu Hause bleib’s beim alten.

 

Aber auch zu Hause bleibt’s nicht beim Alten. Wenn wir dem Kapitalismus und dessen höchster Ausformung, dem Imperialismus, nichts entgegensetzten und uns nicht um ihn kümmern, wird er sich früher oder später um uns kümmern und uns in seine systembedingten Kriege und Konflikte hineinziehen.

Das aktuelle Beispiel dafür ist die Krise in der Ukraine. Nach eigenen US-Angaben hat Washington den Putsch in Kiew mit langer Hand vorbereitet und dafür insgesamt 5 Milliarden Dollar ausgegeben. Damit sollte einerseits Russland massiv geschwächt und möglichst destabilisiert und andererseits eine weitere Annäherung von Deutschland und anderen kerneuropäischen Ländern an Russland verhindert werden. Aber die US-Pläne sind nicht aufgegangen. Insbesondere mit der Krim und den ost-ukrainischen Regionen hat Washington die Rechnung ohne die dort lebenden Menschen und Völker gemacht. Aber statt auf seine Marionettenregierung in der Ukraine einzuwirken, die sinnlose Beschießung der Menschen in den ostukrainischen Großstädten einzustellen und eine politische Lösung zu suchen, versuchen Washington und Kiew mit fortdauernden Massakern an der Zivilbevölkerung in der Ostukraine den Kreml doch noch zu bewegen, in die vorbereitete Falle zu treten und militärisch zu intervenieren.

Eine russische Intervention in der Ostukraine würde jedoch von den US-Politikern und westlichen „Qualitätsmedien“ genutzt, um Russland endgültig als Aggressor zu entlarven, mit dem selbst Deutschland, geschweige denn der Rest der EU, keine normalen Geschäftsbeziehungen mehr haben könnte. Washington, das sich seit langem über seinen schwindenden Einfluss in Westeuropa und der NATO sorgt, hätte sein Ziel erreicht. Zugleich könnten die USA den Krisenherd Ukraine nach Belieben hoch oder herunter fahren, in Abhängigkeit von russischem Wohlverhalten, z.B. in Syrien oder in Bezug auf den Iran.

Allerdings besteht die Gefahr, dass das fein gesponnene Kalkül Washingtons auch diesmal nicht aufgeht und sich das Spiel mit dem ukrainischen Feuer in einen europäischen Flächenbrand entwickelt. Angesichts des eingangs erwähnten, nach wie vor existierenden Atomwaffenarsenals auf beiden Seiten, könnte ein solcher Konflikt schnell unkontrollierbar werden und verheerende Folgen haben. Diese reale Gefahr hat viele Bürger, die bisher noch nie in ihrem Leben demonstriert haben, in den letzten Monaten auf die Straße getrieben. Dort haben sie sich inzwischen in den bundesweiten „Montagsdemonstrationen für den Frieden“ gegen die Politik der Kriegstreiber lose organisiert.

Da diese Montagsdemos nicht unter dem Dach etablierter, linker Organisationen stattfinden, sondern explizit als überparteilich definiert sind, und weil viele der jungen Friedensaktivisten sich selbst weder links noch rechts einordnen können, ist es in manchen Städten und Regionen rechtsgerichteten Gruppierungen gelungen, diese Demos für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Auf Grund dieser Tatsache ist es leider dazu gekommen, dass sogleich nicht wenige linke Politiker und Exponenten linker Friedensbewegungen diese Montagsdemos pauschal als „Neurechte“ verurteilen oder - schlimmer noch – als „Frontorganisation der NPD“ darstellen und jeglichen Kontakt mit ihnen vermieden haben. Dies wiederum hat die scharfe Kritik anderer GenossInnen hervorgerufen, die in diesen Demos eine Gelegenheit sehen, mit politisch orientierungslosen, aber kritischen und friedensbewegten Menschen ins Gespräch zu kommen.

In der Regel ist es den Rechten nicht gelungen, die Montagsdemos zu übernehmen. Davon zeugen z.B. nachfolgende Auszüge aus einer Rede eines 23jährigen Studenten und Reservisten der Bundeswehr jüngst in Köln:

„Ich stehe hier auf der Friedensmahnwache in Köln, weil ich etwas zu sagen habe: Ich habe es nämlich satt! Ich habe es satt, dass wir belogen werden. (...) Ich habe es satt, dass man in Afghanistan von einer 'Friedensmission' spricht! Seit Beginn des Krieges sind über 50 Bundeswehrsoldaten und vermutlich Tausende nicht gezählte Zivilisten gefallen oder gestorben. Heute stehe ich hier und frage:

Wofür? (..). Ist das der Frieden der NATO? Sind das westliche Werte? Sind das Werte, die uns die Französische Revolution und die 48er Revolution erkämpft haben? Und auf europäischer Ebene werden Verträge beschlossen, die uns nicht nur an die Banken verkaufen, sondern uns auch genmanipuliertes Fressen und Billiglöhne vorsetzen und die die staatliche Überwachung fördern.“ (Quelle:

http:/ /www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20469)

 

So hört sich kein „neuer“ Rechter an. Allerdings beherrscht der Redner auch nicht das Repertoire der Linken, sonst würde er sich nicht auf die Werte der französischen und der bürgerlichen Revolution von 1848 berufen, sondern auf die der Arbeiterbewegung. Aber woher soll er das wissen? Von den Schulen, die er besucht hat? Von unseren „Qualitätsmedien? Oder gar von der Bundeszentrale für politische Bildung? Sogar die Partei Die Linke weigert sich konsequent, ideologische Schulungen durchzuführen.

Angesichts der gefährlichen Zuspitzung der Krise zwischen den beiden immer noch bis an die Zähne bewaffneten Atomstaaten USA und Russland mitten in Europa scheint es den meisten TeilnehmerInnen an den Montagsdemos ein ehrliches und dringendes Bedürfnis, sich den Kriegstreibern entgegenzustellen. Daher dient die Spaltung der Friedensbewegung in „neu rechts“ und „alt links“ nur den Interessen all jener, die das Protestpotential in unserem Land und damit die Gefahr für das herrschende System minimieren wollen. Daher sollen wir Linke raus und mit den Menschen auf den Montagsdemos reden, so wie das z.B. Dieter Dehm (MdB der Partei Die Linke) oder der Vorsitzende des Deutschen Freidenkerverbands Klaus Hartmann mit großem Erfolg jüngst in Frankfurt getan haben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit

 

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“Der Aggressor heißt NATO” - Der DFV zur Krise in der Ukraine - und offener Brief an Bundeskanzlerin

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(s. auch  “Aktuelles”)

 

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